Freigang oder Wohnungshaltung für Katzen – was ist besser?
Die Diskussion, ob für Katzen Freigang oder Wohnungshaltung besser ist, entfacht fast täglich auf Social Media. Es existieren sehr unterschiedliche Ansichten und Argumente, die ich einmal gesammelt und notiert habe:
- Freigänger haben ein kürzeres Leben, weil sie Gefahren ausgesetzt sind wie z.B. dem Straßenverkehr oder wilden Tieren, Katerkämpfen, Giftködern usw.
- Wohnungskatzen sind unglücklich, weil sie in Gefangenschaft leben
- Kranke und behinderte Katzen dürfen nicht raus
- Katzen dürfen nur raus, wenn ich im Haus bin
- Katzen dürfen nachts nicht raus
- Ich wohne direkt am Rand eines Jagdgebiets, meine Katzen bleiben drin
- Sperrt man die Katzen ein, nimmt man ihnen die Lebensqualität
- Wer seinen Katzen den Freigang verwehrt, ist ein Tierquäler
- Katzen bringen Ratten und Mäuse ins Haus
- Ich habe Angst um meine Katzen, wenn sie draußen sind
- Katzen fressen Vögel und Insekten und sind für das Vogel- und Insektensterben verantwortlich
FAKT ist: Es gibt keine Pauschalantwort und man muss das für jede Katze ganz individuell entscheiden. Eine Zuchtkatze, die niemals die Freiheit kennengelernt hat, fühlt sich in der Regel wesentlich wohler im Haus oder der Wohnung und ist draußen natürlich eher der Gefahr ausgesetzt, geklaut zu werden.
Einem ausgewachsenen Bauernhofkater, der bereits die Freiheit kennen- und lieben gelernt hat, sollte man niemals die Freiheit nehmen. Er braucht mindestens geregelten Freigang, der durch den Menschen gewährt wird. Eine Katzenklappe ist die Steigerung zum geregelten Freigang, denn sie ist sozusagen ein eigener Haustürschlüssel. Und eine 24-Stunden geöffnete Katzenklappe ist der Jackpot für freiheitsliebende Katzen. Wenn sich jedoch die “Dosenöffner” dabei nicht wohlfühlen, ist auch das nicht die beste Lösung, denn ist der Mensch unentspannt, überträgt sich das auf die Katze.
Wichtig ist, dass man versucht für alle die bestmögliche Lösung zu finden, die sowohl für die Katze/n als auch für den liebenden Katzenhalter gut ist. Gut und richtig ist, was allen gefällt.
Wohnungshaltung / Hauskatze
Ob man sich für Freigang oder Wohnungshaltung entscheidet, muss immer von den Bedürfnissen seiner Katze abhängen. Manche Katzen haben Angst vor den vielen Reizen und Geräuschen draußen und fühlen sich drinnen viel wohler. Ich habe auch schon eine Katze erlebt, die im 8. Stock eines Hochhauses Todesängste hatte. Erst mit dem Umzug der Halter in einen Wohnblock im ersten Stock legte sich diese Angst wieder. Andere Katzen wiederum lieben und brauchen die vielen Reize der Natur.
Ich würde auch niemals jemandem raten, sich eine Freigänger-Katze nach Hause zu holen, der an einer vielbefahrenen Straße wohnt. Natürlich kann das gutgehen, aber es ist einfach viel zu gefährlich. In diesem Fall sollte man nach einer Katze im Tierheim Ausschau halten, die ausschließlich an Wohnungshaltung gewöhnt ist. So viele Katzen sitzen dort und warten auf ein schönes Zuhause.
Damit sich Katzen auch in Wohnungshaltung richtig wohlfühlen, müssen ihre natürlichen Bedürfnisse befriedigt werden. Das sind jagen, lauern, schlafen, fressen, trinken, kratzen, frische Luft, viel Zuwendung, Sozialkontakte, Rituale, Spiel- , Beschäftigungs- und Kratzmöglichkeiten. Es gibt viele Möglichkeiten seinen Katzen das auch in der Wohnung oder einem Haus zu bieten ohne Freigang. s.a. => Grundbedürfnisse einer Katze – sind Katzen anspruchslos??
Hält man eine Katze rein in der Wohnung, ist es wichtig, dass sie auch Sozialkontakte in Form eines Partnertieres hat. Ein Plüschersatz reicht auf Dauer nicht aus.
Bei Freigängern ist eine Zweitkatze nicht zwingend (je nach Katze), weil sie ihre Kontakte zu Artgenossen in Freiheit ausleben können. Katzen gelten als Einzelgänger, aber ganz allein leben ist noch wieder etwas anderes als in einem Mehrkatzenhaushalt. Natürlich gibt es auch Katzen, die keine Artgenossen neben sich dulden. Sie sind dann vielleicht nicht gut sozialisiert, zu früh von ihrer Katzenmama und den Geschwistern weggenommen worden oder haben traumatische Erfahrungen gemacht. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.
Freigehege für Katzen oder gesicherter Balkon
Um Wohnungskatzen frische Luft zu gönnen, kann man ein Fenster mit einem ausbruchsicheren Fliegengitter sichern, oder den Balkon mit einem Katzenschutznetz. Auch eine gesicherte Terrasse oder ein gesicherter Garten sind eine gute Alternative zu bedingungslosem Freigang. Man kann mit vielerlei Hilfsmitteln die Bedürfnisse von Katzen in allen Lebenslagen befriedigen. Wer ganz besonders begabt ist, kann seinen Katzen ein schönes Katzengartenhaus oder wunderbare Spiel- und Versteckmöglichkeiten im Garten bauen.
Freigang oder Wohnungshaltung für Katzen mit Handicap
Auch ein Handicap stellt für den Katzen-Freigang nicht unbedingt immer ein Hindernis dar. Unser Nachbarskater Rudi war blind und trotzdem Freigänger. Ich fand das anfangs sehr gewagt, aber Rudi konnte sich hervorragend orientieren und er war der beste Freund meines Katers Teddy. Die beiden gingen sogar zusammen jagen. Eine Maus zu fangen war für Rudi überhaupt gar kein Problem (er hatte ein hervorragendes Gehör), aber Teddy brachte ihm auch so manches Mal einfach eine Maus mit. So eine wunderbare Katerfreundschaft habe ich – außerhalb eines Mehrkatzenhaushaltes – davor noch nie erlebt.
Das Katzengeschirr
Wer zu viel Angst hat, seine Katze allein nach draußen gehen zu lassen oder an einer befahrenen Straße wohnt, kann sie auch an ein Katzengeschirr* gewöhnen. Voraussetzung ist natürlich, dass die Katze das Geschirr und den Freigang überhaupt mag. Unser Teddy wäre lieber gestorben als an der Leine zu gehen. Dafür ging er mit uns viele Jahre auch ohne Leine spazieren und war überall bekannt wie ein “bunter Hund”.
Katzen bringen ihre Beute nach Hause
Katzen bringen Mäuse, Ratten und Vögel ist immer wieder ein Argument gegen den Freigang. Dem kann ich dann natürlich nicht widersprechen, denn die meisten Freigänger bringen ihren geliebten Menschen schon mal ein “Geschenk” mit oder verspeisen ihre Beute gern zuhause. Das ist aber nur natürlich, denn Katzen sind Raubtiere. Eine meiner Leserinnen schrieb gerade den wundervollen Spruch:
“A mouse a day keeps the doctor away”
Und das ist so wahr, denn die Maus ist das natürlichste und gesündeste Futter für eine Katze.
Katzen sind jedoch nicht nur Jäger, sondern etwa 200.000 Katzen werden laut PETA (www.peta.de) leider auch Opfer von Jägern. Katzen gelten als wildernd, wenn sie zwischen 200 und 500 Meter (je nach Bundesland) vom nächstgelegenen Haus entfernt sind. Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg haben die Jagd auf Hunde und Katzen zum Glück bereits weitestgehend verboten. Ich hoffe sehr, dass andere Bundesländer bald noch nachziehen. Wer also an einem Feld und Jagdgebiet wohnt, sollte auch noch einmal darüber nachdenken, ob der Freigang nicht evtl. eher nur gesichert gegeben wird.
Freigang oder Wohnungshaltung bei Katzen – ganz individuell entscheiden
Ich finde Aussagen wie: Du bist ein Tierquäler weil,
- Du Deine Katze nicht raus lässt
- Du Deine Katze raus lässt
einfach nur engstirnig und völlig unüberlegt und überzogen. Es gibt nicht nur schwarz oder weiß und schon gar nicht ist man gleich ein Tierquäler. Jede Katze ist ein Individuum und sollte auch als solches behandelt werden. Keine Katze gleicht einer anderen und man darf die Bedürfnisse der Katze nicht missachten. Katze und Mensch müssen sich gemeinsam wohlfühlen, dann ist jede gewaltfreie und artgerechte Art der Katzenhaltung in Ordnung.
Wer nicht genau weiß, was richtig ist für seine Katze, dem sollte es einfach mal ein paar Euro wert sein, sich professionell beraten zu lassen von einem Katzenexperten oder einer Katzenexpertin. Das geht auch online, auch bei mir. Einfach per Mail an info@katzenfluestern.de mit dem Betreff Online-Kurzberatung zur Katzenhaltung eine Anfrage stellen. Wir schauen dann gemeinsam, was für Deinen Liebling am besten passt und was noch verändert werden kann.