Warum kratzen Katzen mit den “Tatzen” an Tapeten?

Diese Frage stellen sich viele Katzenhalter und ich werde das von vielen Menschen immer wieder gefragt, warum gerade ihre Katzen an den Tapeten, Teppichen, an den Möbeln und/oder den Türrahmen kratzen und was man dagegen tun kann.

Häufig denken die Menschen, dass ihre Katze sie ärgern will oder aus Protest die Tapeten von den Wänden reißt, was das Verhältnis zwischen Mensch und Tier sehr trüben kann. So ist es natürlich nicht, aber was sind dann die Gründe dafür, dass Katzen Tapeten, Möbel und Teppiche verunstalten, indem sie daran so lange kratzen, bis man renovieren muss? Ist es eine Unart oder ein natürliches Verhalten?

In der Regel entwickelt sich dieses “Problem” nach und nach, so dass nicht von jetzt auf gleich die ganze Wohnung in “Trümmern” liegt. Deswegen sollte man das Verhalten sofort im Ansatz beleuchten und Gegenmassnahmen treffen, damit es gar nicht erst soweit kommt. Ich schaue mir das “Problem” selbstverständlich tierorientiert und somit aus der Sicht der Katzen an, denn es gibt vielerlei Gründe, warum eine Katze die Tapeten in Fetzen reißt oder die Möbel als Kratzbaum mißbraucht.

Instinktiv sucht sich eine Katze immer eine Möglichkeit zum kratzen, weil es zu ihrem natürlichen Verhaltensrepertoire gehört. Und warum? Wer sollte das besser erklären als mein “Chef- und Therapiekater” Teddy.

Teddy Baerly erklärt:

An Tapeten kratzen…….Ja, das stimmt, das machen viele meiner Artgenossen super gerne, aber das ist auch normal. Das müßt ihr Menschen verstehen, denn wir sind von Natur aus eben keine kleinen Schmusetiger, die gern auf rosa Plüschkissen liegen und nur niedlich und brav sind. Wir sind und bleiben Raubtiere, auch wenn wir uns euren Lebensgewohnheiten angepaßt haben. Es gibt vielerlei Gründe, warum viele meiner Artgenossen an Wänden, Möbeln und/oder Teppichböden kratzen.

Ich erkläre euch mal, wozu das Kratzen so gut ist.

Zum einen ist es für die Erhaltung unserer physischen Gesundheit zwingend notwendig. Wir strecken damit die Schulter- und Rückenmuskulatur, was sehr wichtig ist nach langem Schlafen im Bett und/oder auf dem Sofa. Würdet ihr Menschen uns das gleichtun, hätte so manches Menschelein wesentlich weniger Rückenprobleme.

Weiterhin ist das Kratzen sozusagen unsere Maniküre, um die Krallen der Vorderpfoten zu säubern und die äußeren abgestorbenen Krallenhülsen zu entfernen, damit die neuen Krallen freigelegt werden. Bestimmt habt ihr Menschelein diese Krallenhülsen vielfach schon bei euch auf dem Fußboden gefunden und gedacht, eure Miezekatze hat ne Kralle verloren. Meine Assistentin wird auch so manchesmal gefragt, was man machen kann, wenn der Stubentiger “Krallenausfall” hat.

Aber das ist kein Krallenausfall, denn es handelt sich hierbei nicht um unsere gesamte Kralle, sondern wirklich nur um die Hülse, die entfernt werden muß, damit wir unsere Krallen funktionsfähig halten können. Und damit wir die nicht immer abknabbern müssen, kratzen wir so gerne, denn immerhin haben wir mit der Pediküre an den Hinterpfoten schon genug zu tun.

Ich habe auch davon gehört, dass manche von euch Menschelein denken, dass wir beim Kratzen noch einmal schnell die Krallen schärfen für einen bevorstehenden Kampf. Aber das ist definitiv falsch. Ja, da staunt ihr, wir wetzen nicht unsere Krallen für den Kampf, wir haben von Natur aus scharfe Waffen.

Weiterhin nutzen wir das Kratzen zur Territoriumsmarkierung, denn wir haben Talg- und Duftdrüsen an den Pfoten (wie auch an den Wangen, am Kinn, an den Flanken und der Schwanzwurzel) und markieren so mit dem Geruch unserer Pfotenballen dann markante Plätze. Wenn später ein Artgenosse kommt und Stinkefüße an Tapete riecht, dann weiß er: Chef war hier 🙂  An diesen Informationen kann der Artgenosse sogar rauslesen, wann der Chef da war.

Dann gibt es natürlich auch noch das Kratzen um Aufmerksamkeit zu erhaschen, denn wenn man an der Tapete oder den Möbeln kratzt, reagiert sorgar der Mensch, der vorher noch von der Arbeit genervt aufs Sofa gesackt ist und (noch) keine Zeit für Katze hatte. Meinen Artgenossen ist es dabei egal, ob sie die Aufmerksamkeit durch Schimpfen oder Lob bekommen, Hauptsache sie bekommen sie. Wobei doch Streicheln und Lob viel schöner wären.

Und auch, um Stress abzubauen, kratzen wir so manchesmal. Wenn ich mich mal wieder so richtig geärgert habe, dann bearbeite ich meine Kratzbäume besonders intensiv. Ich brauche dafür keine Tapeten, denn als Freigängerkatzen haben meine Assistentin Momo und ich keine Probleme damit, auch draußen Kratzstellen zu finden oder uns unsere Zeit mit Territoriumsbewachung und -markierung und Mäuslein ärgern und fangen zu vertreiben. Viele unserer Katzenfreunde haben diesen Freiheitsluxus jedoch nicht und wohnen im Haus oder in der Wohnung. Sie kratzen dann unter Umständen an den Tapeten einfach aus Langeweile oder weil sie nicht genügend Kratzmöglichkeiten haben, die ihnen auch gefallen.

Nun ist es ja so, dass ihr Menschlein uns die tollsten Kratz- und Kletterbäume hinstellt in rosa und lila, in Natur und in Plüsch und wir diese aus Höflichkeit auch benutzen, obwohl wir manchmal eigentlich lieber einen richtigen Baum unter den Pfoten hätten. Nicht jeder meiner Artgenossen steht nämlich z.B. auf Sisal. Viele mögen lieber Kokosmatten, Korkrinden oder auch die neuen Kratzkisten aus Pappkarton. Einige mögen lieber vertikale, andere horizontale und wieder andere S-förmige Kratzmöglichkeiten. Ihr müsst das einfach nur einmal ausprobieren, was unsere Vorlieben sind, denn keine Katze ist wie die andere.

Einige meiner Artgenossen haben auch gar nicht gelernt, wo sie kratzen dürfen und wo nicht. Wir machen das aus einem Instinkt heraus und wenn uns keiner sagt, was wir dürfen und was nicht, können wir das nicht von allein wissen. Grundsätzlich gehören die Wohnung und das Haus natürlich erst einmal uns und wir dürfen da aus unserer Sicht tun und lassen, was wir wollen. Ich habe von Katerfreunden gehört, denen immer wieder gesagt wird, dass sie nicht an der Tapete kratzen dürfen, aber sie wissen überhaupt gar nicht, was sie stattdessen tun sollen und da kommt nun meine Assistentin Ilona ins Spiel. Sie hat Katzenverhalten und Tierpsychologie studiert, befragt mich häufig und versteht die Sprache der Katzen, denn sie erkennt an unserer Haltung und Körpersprache, was uns fehlt und was wir gerne möchten und mögen. Deswegen möchte ich das Wort nun an sie zurückgeben…

… danke Teddybaerly, dass Du uns das Kratzverhalten von Katzen so ausführlich aus Sicht eines Katers erklärt hast. Es stimmt, an Tapeten kratzen ist neben der Stubenunreinheit eines der Hauptprobleme, weswegen ich als Katzenverhaltensberaterin kontaktiert werde.

Jeder, der Kitten (Katzenbaby) in sein Haus holt, muß zunächst einmal damit rechnen, dass die neuen Möbel, Gardinen und Tapeten NICHT tabu sind für die kleine Katze. Sie weiß es natürlich einfach nicht, dass sie dort nicht kratzen darf und muß das erst lernen. Aber auch wenn die Katzen älter sind und es jahrelang toleriert oder nicht abtrainiert wurde, ist Hopfen und Malz noch nicht verloren. Es dauert dann in der Regel nur etwas länger, auch der erwachsenen Katze noch beizubringen, was man eigentlich von ihr möchte.

Die meisten Katzenhalter fangen an zu schimpfen, wenn sie sehen, dass ihre Katze an den Möbeln kratzt. Schimpfen ist aber bei Katzen absolut kontraproduktiv. Ein scharfes NEIN ist vollkommen ausreichend, um zu verstehen zu geben, dass dieses Verhalten nicht geduldet wird. Aber was dann? Die Katze sieht uns an und weiß eigentich gar nichts, denn immer wieder wird vergessen ihr zu zeigen, was sie stattdessen tun soll. Katzen lernen fast ausschließlich aus positiver Bestärkung. Also müssen wir ihr zeigen, dass sie nicht kratzen darf, ihr stattdessen aber etwas besseres anbieten. Und das kann dann auch schon einmal sein, dass wir selber mit den Fingernägeln an dem neuen Kratzbaum kratzen müssen oder unserer Katze mit dem Standort ein stückweit entgegenkommen, obwohl er genau dort vielleicht gerade optisch nicht so gut paßt.

Manche Katzen mögen Sisalbretter an den Türrahmen, damit sie ihr Markierverhalten ausleben können, andere wieder finden horizontale Kratzmatten besser. Die Auswahl an Kratzbäumen und -brettern und -matten ist schier unendlich. Hier kommt es aber – wie gesagt – nicht auf unseren Geschmack, sondern den der Katze an.

Wenn das Kratzverhalten an Tapeten oder Möbeln bereits eine längere Zeit besteht, dann muß man dieses Verhalten auch wieder gegenkonditionieren. Das heißt, die bevorzugten (aber von uns nicht gewollten) Plätze müssen für eine längere Zeit sehr unattraktiv gemacht werden, die Plätze, die extra zum Kratzen eingerichtet wurde, müssen besonders attraktiv gestaltet und die Katze für das gewünschte Verhalten immer überschwänglich gelobt werden.

In den Fällen von aufmerksamkeitsforderndem Verhalten oder auch Langeweile, muß man selbstverständlich die Ursachen beheben. Mehr Spiel, Spaß und gemeinsame Zeit sind hier unabdinglich. Empfehlen kann ich gegen die Langeweile auch “das Fummelbrett” oder “die Fummelflasche” (über den jeweiligen Link gibt es die Anleitungen zum Selberbauen), mit denen die Stubentiger häufig sehr gern spielen und sich vor allem ihr Futter selbst verdienen dürfen. Katzen mögen diese Eigenständigkeit und fummeln naturbedingt sehr gern in (Mäuse)Löchern rum. Damit die Katzen aber nicht zu dick werden, werden die “Fummelrationen” selbstverständlich dann von den normalen Futterrationen abgezogen.

Ebenso verhält es sich, wenn die Katze aus Stress kratzt. Hier muss man nach den Ursachen suchen und sich fragen: Gibt es im Haus eine neue Katze, evtl. einen neuen Chefkater oder gar einen Hund? Gibt es draußen einen neuen Nachbarskater? Was ist passiert als das Kratzen an den Tapeten anfing usw.?

Um derartige Situationen zu entspannen, müssen wir sie zunächst aufspüren und dann dem Tier wieder mehr Sicherheit geben. Das kann die Umgestaltung des Territoriums sein oder aber auch die Gabe von Bachblüten, die das Selbstbewußtsein fördern oder wenn es gar nicht anders geht, auch einfach die Anbringung eines Kratzpfostens genau dort, wo Mieze nun mal markieren muß um Stress abzubauen.

Mein Kater Teddy liebt es, noch einmal an der Kokosmatte vor der Terrassentür zu kratzen, bevor er ins Haus kommt. Ich habe mir daraus einen kleinen Spaß gemacht und über einen längeren Zeitraum immer wieder gesagt, wenn er das gemacht hat: “Schön Füße abputzen, Teddy”. Nun habe ich immer einen kleinen Show-Effekt für unsere Besucher. Sobald Teddy zur Terrassentür rein kommt, sage ich: “Schön Füße abputzen, Teddy!”….und schon geht das los und Teddy kratzt an der Matte, was so aussieht, als würde er sich die Füße abputzen. Das kommt immer wieder gut an und sorgt für eine heitere Stimmung bei unseren Gästen.

Deswegen kann ich die landläufige Meinung auch nicht teilen und bestätigen, dass man Katzen nicht erziehen kann. Man muss bei Katzen nur immer mit positiver Verstärkung arbeiten und ihnen das Gefühl geben, dass sie das, was sie tun, freiwillig tun und sich das noch dazu selbst beigebracht haben. Dann ist Katzenerziehung ganz leicht und macht sogar Spaß. Wenn man sich diese Kenntnis über das Katzenverhalten bewusst macht, kann man Katzen sehr leicht erziehen und lenken ohne dass sie es bewusst mitbekommen. So kann man ihnen auch viele kleine “Tricks” beibringen.

Wenn alle Massnahmen bezüglich des “Kratzen mit den Tatzen an Tapeten” nicht helfen, sollte man sich an einen geprüften Katzenverhaltensberater / Tierpsychologen wenden (gern auch an mich), der mit dem Katzenverhalten sehr vertraut ist und das eine oder andere aufdeckt, was man als Katzenhalter nicht sieht. Zusammen kann man dann einen individuellen Therapieplan ausarbeiten, ggf. Bachblüten oder kleinere Hilfsmittel einsetzen und so die Harmonie zwischen Mensch und Katze wiederherstellen.

Jedes (!) Problem, das die Beziehung zwischen Mensch und Tier belastet, steht einem entspannten und liebevollen Verhältnis zueinander im Weg und belastet zudem die Gesundheit von Mensch und Tier.

Katzen-/Tierpsychologische Beratung – Fragen stellen

Katzen kratzen an Tapeten
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3 Kommentare zu „Katzen kratzen an Tapeten

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